Grüne Eckpunkte für den Ausbau der Bahnstrecke Augsburg – Ulm

Der AK Mobilität des Kreisverbandes Augsburg-Land hat den Entwurf des Eckpunktepapiers zur Bahntrasse Augsburg-Ulm auf der digitalen Kreisversammlung am 10. März 2021 vorgestellt. Basierend auf die in diesem Rahmen stattfindende Diskussion mit den Mitgliedern wurden Änderungen übernommen und das Positionspapier finalisiert:

Unsere grünen Eckpunkte für den Ausbau der Bahnstrecke Augsburg – Ulm

Ausgangssituation
Bild: Deutsche Bahn | www.ulm-augsburg.de

Der Ausbau der Bahnstrecke Augsburg-Ulm ist Bestandteil der Bundesverkehrswegeplanung 2030 und ist mit einer entsprechenden Priorität versehen.

Im Bundesverkehrswegeplan 2030 hat der Bund festgelegt, dass es für den zukünftigen Streckenverlauf keine Vorfestlegung gibt, sondern im Dialog mit der Bevölkerung bestimmt werden soll. Im Rahmen der Planungen untersuchen wir daher im Auftrag des Bundes, mit welchen Ausbauarbeiten die Projektziele am besten erreicht werden können. Definiert wurden vier Trassenführungen. Auch Kombinationen aus den vier Trassen sind möglich.

Die „Magistrale für Europa“ bildet eine zentrale europäische Schienenverbindung in Ost-West-Richtung. Sie führt von Paris nach Stuttgart, über den Streckenabschnitt Ulm–Augsburg weiter nach München und von Wien bis nach Budapest und Bratislava. Damit verbindet die Magistrale insgesamt 35 Millionen Menschen in fünf verschiedenen Staaten. Durch den Streckenausbau auf der gesamten Magistrale werden Reisezeiten verkürzt und Verbindungen verbessert.

Mit dem Ausbau soll ein Fahrzeitziel von 26 Minuten zwischen Augsburg und Ulm erreicht werden.
Den Auftrag zur Planung dieses Vorhabens hat der Bund ab die DB Netz AG erteilt.

Durch das Projekt soll vor allem der Schienenverkehr in und durch die Region schneller und besser werden. Daher sollen mehr Kapazitäten auf der Strecke geschaffen und der schnelle Fernverkehr vom langsameren Nah- und Güterverkehr auf neue Gleise getrennt werden.

Konsultation

Im Rahmen des Arbeitskreises „Mobilität“ des Kreisverbands Augsburg-Land BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNE wurden folgende Punkte erörtert, welche nach Allgemeingültigkeit und regionalspezifischen Anforderungen sortiert sind:

Allgemein:
  • Maximal technisch möglicher Lärmschutz auf Basis eines vorher zu erstellenden Lärmschutzgutachtens welches sowohl die topographischen, thermischen und witterungsbedingten Verhältnisse inkludiert
  • Geschwindigkeitsregulierung auf dem Gleis entsprechend der EU-Vorgaben
  • Tunnel sollten bevorzugt werden
  • Maximaler Umwelt-, Natur-, Wald- und Wasserschutz
  • Maximaler Ausbau des ÖPNV
  • Anbindung der neuen Trasse an den Regionalverkehr (Schiene und Straße) mit einem 15-Minuten-Takt
  • Güterverkehr soll weitestgehend auf die Neubaustrecke verlagert werden
  • Güterverkehr soll mit zusätzlichen Auflagen bzgl. Lärmschutz versehen werden
  • Verringerung des Individualverkehrs auf der Straße und Verlagerung auf die Schiene
  • Geschwindigkeitsbegrenzung der A8 mit 120 km/h auf der gesamten Strecke
Regional:
  • Ausbau der Regionalbahnhöfe (Neubau und Ertüchtigung zu barrierefreien Bahnhöfen) unabhängig von der Trassenführung
  • Regionalbahnhöfe in Adelsried und Zusmarshausen bzw. Wollbach, sollte eine nördliche Trassenführung realisiert werden
  • Bezüglich weiterer Bahnhöfe wie z.B. Adelsried und Zusmarshausen muss frühzeitig die BEG (Bayerische Eisenbahn Gesellschaft) einbezogen werden und damit beauftragt werden
  • Erschließung und Angebotserweiterung des Nahverkehrs (ÖPNV) im gesamten Landkreis sowohl Schiene als auch Busverkehr
  • Erschließung durch ÖPNV-Angebote, Shuttle-Busse usw. weiterer Regionen an bestehende und künftige Regionalbahnhöfe
  • Maximale Transparenz gegenüber den von der Trassenführung betroffenen Regionen und größtmögliche Bürger*innenbeteiligung
Forderungen und Interessen

Die Interessen und somit die Forderungen zum Bau der geplanten Trasse sind folgende:

1. Lärmschutz

Zu viel Schall – in Stärke und Dauer – kann nachhaltige gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Schäden hervorrufen. Schall wirkt auf den gesamten Organismus, indem er körperliche Stressreaktionen auslöst. Dies kann schon bei niedrigeren, nicht-gehörschädigenden Schallpegeln geschehen, zum Beispiel bei Verkehrslärm. (Quelle: Umweltbundesamt.de)

Vor diesem Hintergrund fordern wir, den Lärm mit den maximal technischen Umsetzungsmöglichkeiten zu vermeiden bzw. zu verringern.
Vorausgehend muss ein Lärmschutzgutachten erstellt werden, welche die regionalen, topographischen, thermischen und witterungsbedingten Verhältnisse berücksichtigt.

2. Umwelt, Natur- und Wasserschutz

Fläche, Boden und Land-Ökosysteme sind schützenswerte Ressourcen. Der wachsende Flächenverbrauch und ein zunehmender Verlust von Wäldern und qualitativ hochwertigen Böden stellen eine Bedrohung für die Intaktheit der Land-Ökosysteme dar. Versiegelungen, Umwandlung von natürlichen Flächen in landwirtschaftliche Nutzflächen und Bodendegradation führen zu einer Verknappung dieser Ressourcen und wirken sich negativ auf die Artenvielfalt aus. Umweltbelastungen verursachen hohe Kosten für die Gesellschaft, etwa durch umweltbedingte Gesundheits- und Materialschäden, Ernteausfälle oder Schäden an Ökosystemen. So haben allein die deutschen Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2016 Umweltkosten in Höhe von 164 Milliarden Euro verursacht. Eine ambitionierte Umweltpolitik senkt diese Kosten. (Quelle: Umweltbundesamt.de)

Vor diesem Hintergrund gilt es die Natur und die Umwelt nach den maximal technologischen Möglichkeiten zu schützen. Kosten dafür sind nachrangig zu betrachten. Unabhängig der Trassenführung gilt es das Gut Natur und Umwelt zu schützen.

3. ÖPNV

Der ÖPNV spart insgesamt 10,5 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen. Jeder Fahrgast leistet einen wertvollen Beitrag für das Klima und die Luftqualität, denn jeder mit dem ÖPNV zurückgelegte Kilometer spart im Vergleich zur Autofahrt im Durchschnitt 95 Gramm Treibhausgase und 19 Gramm Stickoxide. Ein weiterer Vorteil des ÖPNV liegt in der Entlastung der Straßen und Verringerung der Staugefahr. Würden die ÖPNV-Kunden ihre Wege mit dem Pkw zurücklegen, würden 86,5 Milliarden Pkw-km zusätzlich auf deutschen Straßen anfallen. (Quelle: VDV.de)

Aus diesem Grund fordern wir einen maximalen Ausbau eines attraktiven öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV). Das betrifft die „Regionalbahntrasse“ insofern, dass regionale Bahnhöfe entlang dieser Trasse gefordert sein müssen und ggfs. neu errichtet werden müssen. Bestehende Regionalbahnhöfe müssen darüber hinaus barrierefrei gestaltet werden.
Regionalbahnhöfe sind darüber hinaus mit weiteren ÖPNV-Angeboten zu erweitern. Anliegende Kommunen und Gemeinden sind an die Regionalbahnhöfe durch getaktete ÖPNV-Angebote anzubinden. Die Regionalbahnhöfe sind in einem 15-Minuten-Takt zu erschließen sowie auch das erweiterte ÖPNV-Angebot dazu.

4. Güterverkehr

Das Bundesverkehrsministerium prognostiziert bis 2030 ein Wachstum der Güterverkehrsleistung in Deutschland gegenüber 2010 um 38 Prozent. Die Dekarbonisierung des Güterverkehrs lässt sich angesichts dieses Wachstums nur erreichen, wenn der Endenergiebedarf deutlich gesenkt wird und an die Stelle fossiler Kraftstoffe Strom aus Sonne und Wind sowie Kraftstoffe auf Basis Erneuerbarer Energien treten. Die ungleiche Verteilung des Gütertransports auf die beiden zentralen Verkehrsträger Straße und Schiene erschwert die Erreichung des Ziels. (Quelle: agora-verkehrswende.de)

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir den Güterschienenverkehr. Deshalb begrüßen wir auch, dass der Güterverkehr weitestgehend auf die neue Trasse verlagert wird, nicht nur um effizienter (Zeit) zu sein, sondern um die bestehenden Gleise für den Ausbau des Personennahverkehrs ertüchtigen zu können. Wichtig ist jedoch, den Güterverkehr auch und vor Allem aus Lärmschutzgründen mit entsprechenden Auflagen zu versehen (siehe auch Punkt 5). Eine der Auflagen sollte sein, dass nur spezielle Güterwagons zugelassen werden, welche den neuesten Lärmstandards entsprechen wie z.B. lärmarme Bremstechnik.

5. Zeiten und Auflagen

Bei geplanten täglich 120 Personenschnellzügen zzgl. dem Regionalverkehr sowie dem Güterverkehr ist zu beachten, dass zu bestimmten Zeiten nur eingeschränkter Schienenverkehr möglich ist und der Schienenverkehr zu bestimmten Zeiten mit Einschränkungen bzw. Auflagen zu versehen ist. So fordern wir, dass abends, nachts an Wochenenden und Feiertagen nur mit begrenzter Geschwindigkeit gefahren werden darf und die Taktung gedrosselt wird, um unnötigen Lärm zu vermeiden und die Region zu schützen.

Anmerkungen
Zu Punkt 1)

Durch den Ausbau der A8 ist eine Zunahme des Lärmpegels feststellbar. Grund und Ursache ist die Zunahme des Verkehrs, eine fehlende Geschwindigkeitsbegrenzung sowie das Versäumnis ein Lärmschutzgutachten beauftragt zu haben, welches geeignete Lärmschutzmaßnahmen definiert hätte. Aus diesem Grund fordern wir den Lärm der A8 mit in die Lärmschutzmaßnahmen der Trassenführung aufzunehmen, sofern die Bahntrasse entlang der A8 verläuft. Sollte die Trasse nicht oder nur in Teilen der A8 entlangführen, fordern wir unabhängig von der Trassenführung eine Überprüfung der Lärmbelästigung durch die A8 im Rahmen eines Gutachtens und eine entsprechende Ertüchtigung. Eine weitere Maßnahme dazu ist die Einführung einer generellen Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A8 auf 120 km/h.

Zu Punkt 2)

Der Wald sowie andere wichtige Ökosysteme sind maximal zu schützen und Eingriffe, welche die Natur und die Umwelt nachhaltig beeinträchtigen, zu vermeiden. Für jeden Eingriff, welcher Natur- und Umweltschutz beeinträchtigt muss belegt werden, dass es keine Alternative für diesen Eingriff gibt und wie der Ausgleich zu erfolgen hat. Wirtschaftliche Interessen und Belege sind dafür nicht ausreichend.

Zu Punkt 3)

Bezugnehmend auf die (neuen) Regionalbahnhöfe ist es schon in einer frühen Phase erforderlich die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) hinzuzuziehen. Die BEG muss mit in den Planungsprozess der DB Netz GmbH eingebunden werden und dazu beauftragt werden solche Regionalbahnhöfe zu entwickeln und zu erbauen.
Dabei sollte berücksichtigt werden, dass unbedingt viele Teilabschnitte erschlossen werden um den Individualverkehr zu vermeiden bzw. so gering wie möglich zu halten.

Zu Punkt 4)

Der Güterschienenverkehr ist wichtig und wertvoll, deshalb sollte der Straßengüterverkehr auf ein notwendiges Minimum reduziert werden. Die A8 könnte an dieser Stelle entlastet werden.

Zu Punkt 5)

Verweis auf die Broschüre „Lärmschutz im Schienenverkehr“ des BMVI